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Was erlauben?

Ich komme ins Büro, wie jeden Wochentag pünktlich um acht. Plus ein paar Minuten. Toleranz. Heute habe ich zwar nicht verschlafen, bin aber etwas später aufgestanden, da ich mir beim Zubettgehen bereits überlegt hatte, den ersten Kaffee nehme ich in der Firma ein. Brauch ich daheim keinen machen. Genialer Plan. Mehr Schlaf. Im Büro angekommen, gehe ich an meinen Platz, schalte den Computer ein und will – wie jeden Morgen – mir einen Kaffee holen. Ich geh in die Küche. Vor der Kaffeemaschine steht ein Mann in Arbeitskleidung. Er hält die Innereien des Vollautomaten in seinen Händen. Mir schwant Übles. Ich schaue ihn verzweifelt an, er mich und meint: „Dauert etwa vier Stunden.“ Vier Stunden, etwa! Was erlauben die sich? Am Morgen im Büro ohne Koffein, ein Unding. Nein, gar Folter!

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Komm Heuchler, geh doch ...

Ein polemisches Pamphlet


Komm, geh doch in ein Krankenhaus und schau zu, wie Infizierte an Corona leiden

Komm Heuchler, geh in ein Krankenhaus und schau zu, wie Kranke an multiresistente Keimen sterben

Geh in ein Altenheim, in das gebrechliche Menschen abgeschoben werden und schau zu, wie sie wegen Pflegemangels nicht würdevoll versorgt werden können

Geh danach noch in eine Suppenküche und schau bedürftigen Menschen zu, wie sie in diesem reichen Land für ihr Essen anstehen müssen

Komm Heuchler, geh doch in ein Land, in dem das wirklich jemand interessiert

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Ehre dem, dem Ehre gebührt!

Gestern Abend fuhr ich nach meiner Arbeit mit der U-Bahn zum Hauptbahnhof. Für gewöhnlich steige ich anschließend in die Tram, doch gestern war mir nicht danach. Gestern? War das gestern? Nein, das muss vorgestern gewesen sein. Egal. Jedenfalls ging ich den Rest des Weges zu Fuß nach Hause. Ich schlenderte ohne meine Umgebung groß zu beachten entlang des Gehwegs, als der Mann vor mir plötzlich stehen blieb und sich bückte. Beinahe wäre ich ihn reingelaufen. Bin ich nämlich in Gedanken versunken, kann es zuweilen etwas dauern, bis mein Hirn wieder in Interaktion mit meiner Umwelt tritt.

Der Mann hob ein Cent-Stück auf, pustete es an und begutachtete es von beiden Seiten. Er bemerkte, dass ich ihn beobachte. Er drehte sich zu mir um, hielt mir das Geldstück unter die Nase und sagte: „So ein Glück.“ Dabei lächelte er. Ich war ob seiner Kontaktfreudigkeit verwirrt, ebenso über seine Freude wegen eines Stück Metalls. Ohne ihm zu antworten, setzte ich meinen Fußweg nach Hause fort und ließ ihn mit seiner Freude stehen. Nun war ich aus meinen Gedanken gerissen, konnte mich nicht mehr erinner, worüber ich nachgedacht hatte.
Ich versuchte, mich daran zu erinnern, aber der Mann mit seiner Münze hatte mich aus dem Konzept gebracht, mein Gedanke war weg. Ein paar Meter weiter viel mir dafür der Spruch meiner Oma ein: „Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert!“ Damals habe ich den Spruch nicht verstanden, schließlich musste ich für ein Dach über meinem Kopf nicht arbeiten, bekam drei Mahlzeiten am Tag und hatte ein Fahrrad. Mehr brauchte ich nicht, ich war glücklich. „Wer den Pfennig nicht ehrt, …“. Blödsinn. Der Ausspruch ergibt heute immer noch keinen Sinn, obwohl ich inzwischen für mich selber sorgen muss. Er ist ähnlich stumpfsinnig wie so viele Sprüche, die lediglich aus hohlen Worten ohne Inhalt bestehen. „Wer essen will, muss arbeiten!“ oder „ohne Fleiß kein Preis“. Solche Second-Hand-Weisheiten sind kurz und prägen sich leicht ein. Von Kindesbeinen an werden sie uns eingetrichtert. Ein paarmal gehört und gehorsam hoch- und runtergebetet, werden sie zur unumstößlichen Wahrheit, die keiner mehr hinterfragt. Doch mit Fleiß oder gar ehrlicher Arbeit sind die Wenigsten reich geworden. Krankenschwestern, Pfleger in Altersheimen, ehrlich arbeitende Menschen können sich meist nicht mal eine Wohnung in Großstädten leisten. Daran ändert auch ihr Fleiß nichts. „Arbeite und bete“. Lebe sparsam, sei gehorsam und wenn du dich als Arbeiter ohne Widerrede daran hältst, wird irgendeine göttliche Kraft schon für Gerechtigkeit sorgen.
Wer das Kleingedruckte gelesen hat, wird feststellen, dass das selbstverständlich erst nach dem Tod gilt. Vorher müssen die Gutgläubigen mit sich selbst klar kommen, denn Gott bietet den noch Lebenden keine Soforthilfe bei Ungerechtigkeit. Das Paradis gibt es erst nach dem Tod. Geschickt! Überprüfen kann das keiner.

Freie Platzwahl

Letzte Woche war ich im Kino. Es war eines dieser alten Lichtspielhäuser, in dem die Zeit irgendwo in den frühen 1980ern stehen geblieben war. Die Plakate an den Wänden, die Möbel, der Teppich, die Uhr, die Klamotten der älteren Dame hinter der Kasse. Rundum ein willkommener Rückblick in vergangene Zeiten. Sogar der Geruch war wie damals. Also der des Kinos, nicht der Dame. Ich stellte mich an. Die Schlange zur Kasse war nicht lang, dennoch dauerte es, bis ich an der Reihe war. Noch bevor ich Hallo sagen konnte, raunte die Kassiererin ohne mich anzusehen: „Zwei Mal?“ Ich schüttelte den Kopf. „Nur ein Mal.“ Die ältere Dame blickte auf ihren Bildschirm, kniff die Augen zusammen und bewegte die Maus völlig unkontrolliert auf ihrem Tresen hin und her. Währenddessen murmelte sie etwas vor sich hin. Verstanden habe ich nichts, war zu undeutlich. Nach mehreren Kilometern Wegstrecke, die die arme Maus - also die Computermaus, nicht die Dame an der Kasse - zurückgelegt haben musste, kam endlich ein Ticket aus dem Drucker. Hatte ich sie aus dem Konzept gebracht, weil ich alleine ins Kino wollte oder warum dauerte das ...? Sie unterbrach meinen Gedanken. „Acht fünfzig. Freie Platzwahl.“ „Danke“ antwortete ich, zahlte, nahm mein Ticket und ging ohne weiter über ihre Worte nachzudenken in den Saal.

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