Das personifizierte Leben ... (Teil 1)

Das personifizierte Leben ... (Teil 1)

Anmerkung der Schreiberin VOR dem Lesen folgender Kolumne:
Von meinem größten Kritiker, dessen Meinung ich außerordentlich schätze, kam der Einwand, es handele sich beim Artikel über das personifizierte Leben um eine Beweihräucherung meiner Selbst. Ich nehme die Beanstandung zur Kenntnis, sehe dies aber anders (eben auch persönlicher):
1. handelt es sich um eine Kolumne, die als journalistischer Meinungsbeitrag definiert wird, daher nicht objektiv ist. Sie steht der Glosse und dem Kommentar nahe und kann zu allererst auch nur die Meinung des Verfassers widerspiegeln.
2. ist mein schriftlich formulierter Beitrag eine Art gedankliche Herangehensweise dahingehend, dass ich erschließen wollte, warum eine meiner Schulkameradinnen auf die außergewöhnliche Idee kam, mich als personifiziertes Leben zu sehen und auf welche meiner Eigenschaften sie damals überhaupt zurückgreifen hätte können.
3. wenn nicht ich selbst mein Handeln, mein Denken und meine Überlegungen unterstütze und vor anderen verteidige, wenn nicht ich selbst mich gut finde und positiv darstellen kann, wer denn dann? Andere Menschen können jemanden noch und noch unterstützen und Mut machen, wenn ich nicht im Innersten meiner Selbst an mich glaube, nutzt es einen Dreck. Die Kolumne beinhaltet nur ein durchschnittliches Selbstbewusstsein, das sich eventuell auch auf Grund des Ausspruchs der Schulfreundin erst entwickelt hat.

Immer auf der Suche nach Größerem
... steht auf meiner Seite im Abibuch. Ich weiß, welcher Mitschüler diese Assoziation hatte, wenn er oder sie an mich dachte, aber ich habe diese Person nie gefragt, warum. Ich habe keine Ahnung, ob diese Aussage nur ein kurzzeitiges subjektives Empfinden dieses Einzelwesens war oder ob sich mehrere aus meinem Abijahrgang mit dieser Ansicht identifizieren konnten, bzw. mich damit identifiziert haben. Das war vor über 20 Jahren und umso mehr frage ich mich, was mich damals zum personifizierten Leben gemacht hat: war es die Organisationsfähigkeit sowohl die Schülerzeitung zu leiten und für sie in sämtlichen Bereichen Artikel zu verfassen als auch bei der Theater-AG schauspielerisches Talent zu zeigen? Oder war es das zusätzliche Engagement, Mitglied bei der DeutschenLebensRettungsGesellschaft zu sein und darüber hinaus noch zweimal die Woche vor der Schule schwimmen zu gehen sowie Geräteturnen im Sportunterricht zu belegen (was mir den Abibucheintrag: „Kamikaze-Turnerin“ bescherte). Oder war es meine 5-jährige Tätigkeit als sonntäglicher Zeitungsverteiler, bei der ich JEDEN (!!!) Sonntag um ca. 6 Uhr morgens aufgestanden bin – unabhängig davon, wie lang die Nacht bzw. der Morgen beim Weggehen wurde – war es meine musische und künstlerische Begabung oder die spontanen Wochenendtrips zu örtlich nahen oder entfernten Freunden, die nicht immer nur in Niedersachsen wohnten und mit denen ich dann das ganze Wochenende verbrachte (natürlich nur mit vorher vereinbarter Vertretung für das Zeitungsaustragen oder aber in den Ferien).
Vielleicht rührt die Annahme, in mir die personifizierte Lebensfreude zu sehen, auch daher, dass ich in der Schulfahrtenwoche, die im Herbst 1990 wegen des Umbruchs in der damaligen DDR für die gesamten Oberstufenjahrgänge nur nach Berlin ging, keine Lust auf diese Stadt hatte. Dort hatte ich in den Jahren zuvor öfter Freunde besucht, und somit fuhr ich eigenmächtig (was bedeutet: ohne Absprache oder Mitteilung an die Schulleitung oder irgendeinen der Lehrer) mit der Bahn (die damals noch echt billig war) eine Woche an die Coté A´zur, nächtigte in Jugendherbergen und ließ mir die Herbstsonne auf den Kopf scheinen. Der Ärger im Anschluss (meine Eltern hatte ich selbstverständlich – wie jede gute Tochter es tun würde – eingeweiht. Sie sahen sich allerdings außerstande, etwas gegen den Dickkopf ihrer Tochter zu unternehmen, da ich zu diesem Zeitpunkt schon volljährig und außerdem relativ frisch von meinem einjährigen Schulaufenthalt in den USA zurück war und mir eh nichts sagen ließ.) war auf schulischer Ebene natürlich vorprogrammiert, aber das hatte ich auch erwartet und war vorbereitet.
Nein, jetzt kommt kein ausgeklügelter Plan, den ich hatte, um vom eigentlichen bewussten Trip abzulenken oder mir abstruse Geschichten auszudenken. Ungeniert und ehrlich stand ich zu dem, was ich getan hatte. Es war mir bewusst, ich hatte abgewogen und mich für Frankreich und gegen Berlin entschieden und ich würde es jederzeit wieder so machen.
Und so bin ich immer noch: ich stehe zu allem, was ich mache, weil es wohl überlegt ist und ich mich bei mindestens zwei Möglichkeiten für diejenige entscheiden würde, die mir zu dem Zeitpunkt am plausibelsten erscheint. Und ich stehe auch zu den Fehlern, die ich mache. Sie sind mir bewusst und ich würde mir eher die Zuge abschneiden, als die Fehler jemand anderem in die Schuhe zu schieben.
Das hatte sicher auch etwas mit einem personifizierten Leben zu tun. Schon damals.

Darf‘s a bisserl mehr sein?

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