Die 80er waren schräge Zeiten. Viel Seltsames brachte diese Ära hervor. Elektro-Musik, Neon-Mode, Schulterpolster und ein hässlicher Einkaufsbeutel wurde zum Sinnbild für Umweltschutz. „Jute statt Plastik!“ Nur hatte das Anfang der 1980er-Jahre niemand beeindruckt, nicht mal jene, die heute mit ihrem Elektro-Geländewagen zum Bio-Markt fahren.
Viele Jahre später interessierte sich plötzlich unsere Jugend für die Rettung des Klimas. Unter hohen freizeitopfernden Entbehrungen nahmen sie den vergessenen Kampf der Jutetasche wieder auf. Sie schafften, woran der hässliche Beutel (und Greenpeace) scheiterten. Sie gaben dem Umweltschutz eine Stimme, die endlich gehört wurde. Selbst von hart gesottenen Konzernen, die sogleich öffentlichkeitswirksam versprachen, ihre Produkte mit nachhaltigen Umwelt-Logos zu versehen.
Prinzipiell ist es egal, ob der Sinneswandel der Wirtschaft nun der Jutetasche, dem unermüdlichen Einsatz der Jugendlichen oder dem Zeitgeist entsprungener Heuchelei anderer pseudo-intellektueller Klimaheiliger geschuldet ist. Hauptsache, es handelt sich bei den Umweltschutzmaßnahmen nicht um leeres Gewäsch der PR-Abteilungen. Aber warum sollte es? Denn endlich ist Klimaschutz ohne aufwendigen Umweltschutz möglich. Die Verschmutzung wird von den Firmen einfach outgesourct. Schließlich können sie durch den Erwerb von Umwelt-Zertifikaten die saubere Luft einfach dazu buchen, ohne wirklich den Ausstoß ihrer Treibhausgase verringern zu müssen.
Dank dieses hochmodernen Verfahrens können Konzerne ihre Produkte heute viel nachhaltiger herstellen als noch zur Ära des Jutebeutels. Ihre aufpolierten Umweltzertifikate, die meist sauberer als Meister Propers Glatze glänzen, beweisen es. Blöd nur, dass unser Blauer Planet in paar Jahren im Arsch ist, weil Experten bisher nicht klären konnten, wie man mit den unzähligen „grünen“ Urkunden und leeren Versprechen den ganzen Dreck wegmachen kann.
Apropos Elektroauto. Mit dem Kauf eines über zwei Tonnen schweren Gefährts bucht die grüne Oberschicht den Umweltschutz serienmäßig mit dazu. Je größer ein E-Auto ist und je weniger drin fahren, desto klimaneutraler ist es. Bei so viel Innovation kann das Fahrrad reinen Gewissens im Keller bleiben - alles ist gut, hierzulande wenigstens.
Für wirklich echten Umweltschutz müssen alle mithelfen!
Es reicht nicht aus, wenn lediglich Konzerne und Reiche für mehr Klimaschutz an ihrem Verhalten nichts ändern müssen. Bürger der Unter- sowie Mittelschicht sollten diese Chance ebenfalls erhalten! Und deshalb haben wir von NONrelevant beschlossen, Klimaschutz für Alle zu ermöglichen!
Je mehr Zertifikate, desto grüner die Umwelt!
Und darum geben wir von NONrelevant ab sofort an alle Gering- sowie Normalverdiener unser nicht verbrauchtes CO2 weiter! Und wir haben reichlich davon. Fahren wir schließlich nicht mit einem 2,5 Tonnen schweren Elektroauto zum Bio-Laden, um im Winter Bio-Tomaten aus Spanien zu kaufen. Allein schon deswegen, weil wir so ein umweltfreundliches Auto gar nicht haben. Wir fahren mit dem Rad oder gehen zu Fuß. Auch heizen wir unsere kleine Wohnung nicht mit Öl, sondern mit nachhaltig gefördertem Gas, das mit riesigen schwerölbetriebenen Tankern aus amerikanischen Fracking-Gebieten über den Atlantik gekarrt wird. Doch nicht genug! Im tiefsten Winter stellen wir unsere Heizung grundsätzlich ein Grad niedriger als alle Anderen. Und natürlich produzieren wir unsere Texte auf NONrelevant ausschließlich mit Mehrweg-Worten.
Durch all die selbst auferlegten Opfer ist es möglich, unseren Ausstoß von Treibhausgasen enorm zu reduzieren! Diese Einsparungen möchten wir nun Allen zugänglich machen. Völlig kostenfrei.
Dank NONrelevant kann endlich JEDER ökologisch!
Dank unserer nonrelevanten Umwelt-Zertifikate brauchen sich Gering- und Normalverdiener NIE wieder Vorhaltungen von Medien und Politik machen lassen, dass ihr ökologischer Fußabdruck angeblich viel zu hoch sei und sie deswegen ganz allein an der Zerstörung des Klimas schuld sind.
Liebe Gering- und Normalverdiener, nutzen Sie die Gelegenheit! Schließlich wollen Sie 2030 doch nicht in der Zeitung lesen müssen, nur Konzerne und jene, die es sich leisten konnten, hätten was für den Klimaschutz getan.
NIE wieder schlechtes Gewissen!
Und das Beste: Unsere nonrelevanten Umweltzertifikate schonen das Klima wirklich und nicht nur, weil es drauf steht. Um der wundersamen Schutzwirkung Nachdruck zu verleihen, werden wir jedes Einzelne unserer Zertifikate in GRÜNE Laminierfolie einschweißen!
Bitte beachten Sie folgenden Nachhaltigkeits-Hinweis:
Nach Ablauf der Gültigkeit können wir Ihre unnötig einlaminierten Zertifikate lediglich dann fachmännisch entsorgen, wenn Sie diese an einer der nicht vorhandenen nonrelevanten Rücknahmestellen gegen kleines Entgelt zurückgeben.
Es ist uns unheimlich wichtig, Sie auf diese Möglichkeit hinzuweisen, wollen wir unseren Planeten nicht mit noch mehr überflüssigen Plastik belasten. Schließlich dauert das Zersetzen ewig und NUR durch Ihrer Rückgabe können wir garantieren, dass die laminierten Zertifikate möglichst kleinteilig geschreddert werden, bevor wir sie ins Meer schmeißen. Mit diesem einzigartigen Recycling-Verfahren verhindern wir nicht nur, dass Meerestiere qualvoll an viel zu großen Plastikstücken ersticken, sondern wir sorgen auch dafür, dass sich die unnötig laminierten Umweltzertifikate viel schneller in noch kleiner Teile (mikroskopisch klein!) zersetzen, um möglichst rasch wieder in unseren Kreislauf zurückzugelangen.
Für dieses einzigartige Recycling-Verfahren wurden wir umwelt-zertifiziert!